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06.07.2012, 15:48 Uhr
Öffentliche Aufträge
Warum werden diese fast immer teurer als geplant?

An dieser Fragestellung machen sich immer wieder in den Ausschüssen und im Rat der Gemeinde Hude  sehr kontroverse Diskussionen fest. Im Folgenden analysiert der Fraktionsvorsitzende der CDU Horst Linnemann den komplexen Ablauf von der Projektidee bis zur Kosten-/Nutzenkontrolle. Dabei soll geklärt werden, ob es nur an folgender Feststellung liegt:  „Schlecht geplant heißt teuer gebaut!“ oder ob es auch reine Ablauf- und Mangementfehler gibt.

 In unserer Gemeindeverwaltung haben wir für umfangreiche Bauprojekte keine eigene Planungs- und Prüfungskompetenz. Deswegen liegt die erste Kostenkalkulation, die Ausführungsplanung und auch die Realisierung in einer Hand, nämlich der des Architekten. Sollte während der Bauphase ein laufendes Projektcontrolling mit einer systematischen Berichterstattung an den Rat stattfinden, so liegt das auch alles beim Architekten.

 In den einzelnen Projektphasen sind die Nutzer, die Verwaltung, der Architekt und die Ratsmitglieder in Ausschüssen und Rat mit ihren unterschiedlichen Interessen beteiligt. 

 
Der Nutzer nimmt dabei folgende Funktionen wahr: Erzeigt Mängel auf und meldet Wünsche bei der Verwaltung an. Oft geht es dabei nicht unbedingt um die Aufrechterhaltung der Funktion sondern um Schönheit und Anpassung an modernere Lösungen. Größere Wünsche werden oft über Jahre hinaus vorgetragen und bekommen so eine gewisse Eigendynamik – das ist ja nun wirklich einmal dran! Bei einzelnen großen Objekten, z.B. Schwimmbad, gibt es nicht den Nutzer, der z.B. eine sich abzeichnende Grundsanierung langfristig plant. Hier ist das Gebäudemanagement der Verwaltung unter Beachtung von Funktion und Nachhaltigkeit gefragt. Für die einzelnen Objekte sollten laufende Rückstellungen gebildet werden. Heute gibt es bei der Frage an den Rat: Sie wollen doch nicht etwa das Schwimmbad schließen, nur Zähneknirschen und Sonderetats.

 Die Verwaltung erledigt  kleinere Mängel und Wünsche bis zu
einer Summe X im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel auf kleinem Dienstweg. Bei größeren Summen werden die politischen Gremien eingeschaltet, dieses insbesondere, wenn außerhalb des lfd. Etats reagiert werden muss. Für umzusetzende Vorhaben stellt die Verwaltung im neuen HH einen Betrag X ein. Dieser beruht auf Erfahrungs- und Schätzwerte. Somit ist erst einmal eine Summe vorhanden. Ist diese zu hoch, können sich die Architekten kräftig selbst verwirklichen, denn der Rat achtet ja nur auf die Einhaltung der HH-Position. Ist die Summe zu niedrig, wird entweder weniger umgesetzt oder es kommt zur Vorlage im Ausschuss / Rat – dann allerdings nur in einer vagen Form und es muss „blind“ entschieden werden. In diesem Augenblick entscheidet der Rat nur, dass die Maßnahme im Haushaltsjahr zu den ungefähren Kosten realisiert werden soll. Alles weitere, wie Vorbereitung der Architektenbeauftragung und der Ausschreibung liegt dann bei der Verwaltung. Der Auftrag an den Architekten wird und kann wegen nicht vorhandenem Fachwissen nicht detailliert beschrieben. Die Spezifikationen ergeben sich oft erst durch die Gespräche mit den Nutzern. Anmerkung: bei runter gerechneten Kosten und hoch gerechnetem Nutzen kommt ein Projekt schnell durch die politischen Gremien.

Die Auswahl des Architekten nimmt die Verwaltung vor und lässt sich die Entscheidung im Ausschuss „absegnen“. Dabei gibt es meistens keine Alternativen und somit auch keinen Ideenwettbewerb nach dem Motto: welche Planung garantiert volle Funktionsfähigkeit bei optimaler Umsetzung. Anmerkung: Die Vergabe von Architektenleistungen muss nicht ausgeschrieben werden, allerdings kann und sollte es zu einer Bewerbung und Vorstellung der Herangehensweise mehrerer Architekten kommen, so z.B. aufgrund massiver Forderung der CDU-Fraktion bei der Sanierung der PUS.

Die Honorarordnung für Architekten (HOAI) ist die Geschäftsgrundlage. Die Bausumme ist dabei die Berechnungsgrundlage und zwar unabhängig davon, ob das Projekt „in time and budget“ realisiert wurde. Anmerkung: In Fachkreisen wird es durchaus für denkbar gehalten, dass ein Architekt prozentual an einem Erfolg beteiligt wird, z.B. über einen Bonus, wenn Baukosten und / oder Zeit unterschritten werden, aber auch einen Malus in Kauf nehmen muss, wenn sie überschritten werden.

Der Architekt  fragt den Nutzer: was und wie hättest Du es denn gerne? – es liegt ja kein spezifizierter Auftrag vor und zeigt der Verwaltung auf, was für welches Geld gemacht werden kann. Dabei   kommt er weitestgehend den Wünschen der Nutzer entgegen, denn er möchte von diesen aufgrund der guten Zusammenarbeit bei einem Folgeprojekt ja auch wieder der Verwaltung vorgeschlagen werden. Bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses kann der Architekt seinen Schönheitsanspruch verwirklichen, denn schließlich wird das Objekt ja nach Fertigstellung ihm zugeschrieben. Zu einer kostenoptimierten Umsetzung kommt es so lange nicht, wie der Betrag im HH unterschritten wird. Insbesondere zum Ende des Projektes zeigt der Architekt im Zusammenspiel mit der Verwaltung auf, dass sich bei der Umsetzung erhebliche Schwierigkeiten und nicht vorhersehbare Umstände, die eine Einhaltung der Plankosten und / oder der Realisierungszeit nicht ermöglichen, ergeben haben.

Der Rat (Ausschuss)  verlässt sich auf das harmonische Zusammenspiel von Nutzer, Verwaltung und Architekten und wird überwiegend erst bei der Überschreitung von HH-Positionen eingeschaltet. Wenn sich dann nach 2/3 der Realisierung herausstellt, dass der Kostenrahmen, im Zweifel eben nur ein sorgfältig geschätzter,  in jedem Fall überschritten wird, kann nur noch zähneknirschend zugestimmt werden, denn die Alternative wäre eine teure Bauruine. Oft wird erst nach der Realisierung festgestellt, dass der Kostenrahmen überschritten wurde. Anmerkung: In der Vergangenheit konnte dieses oft nur durch eine von der CDU-Fraktion beantragte Akteneinsicht festgestellt werden. Spätestens dann kommt bei der CDU-Fraktion Unbehagen auf – jeder hat das Gefühl, so würde ich im privaten Umfeld nicht mit meinem Geld umgehen, aber: es sind ja „nur“ die Steuergelder. Festzustellen ist hier: Es ist und kann nicht die Aufgabe der Ratsmitglieder sein, die Detailplanung zu hinterfragen oder mit Objektbesichtigung etc. die laufende „Aufsicht“ wahrzunehmen.

Bei diesem Gemengelage fragt sich Horst Linnemann: Was ist zu tun? Können exemplarische Beispiele wie eine „Elbphilharmonie“ oder die Fehlplanung des Neubaus eines Standesamtes statt einer ca. 2 Mio.€ preiswerteren Sanierung einer Villa in Bremen verhindert werden? Es ist sicher vermessen, hier aus der Sicht eines Huder Ratsmitgliedes „den Stein der Weisen“ zu finden und Pfusch bei der Kostenkalkulation und der Durchführung zu verhindern. Trotzdem sollen im Folgenden vor dem Hintergrund der bisher üblichen Verfahrensweise bei den überschaubaren Projekten der Gemeinde Hude Denkanstöße aber auch weitere heikle Verfahrensfragen aufgezeigt werden – es gibt schließlich erhebliches Verbesserungspotential. Ein „weiter so“ darf es nicht geben!

Wenn die heutige Vergabepraxis verbessert werden soll, stellt sich die Frage: Rechnet sich ein Vergabeingenieur für Hude? Anmerkung: Ich höre von Huder Unternehmern immer wieder, dass ein kompetenter Ansprechpartner in der Gemeinde fehlt und deswegen kostenoptimierte Ausschreibungen gar nicht zustande kommen können und wenn das nicht gegeben ist, nimmt das Verhängnis seinen Lauf. Eine derartige Funktion könnte ebenfalls die Wünsche der Nutzer objektiv kanalisieren und das Projektmanagement durch den Architekten kontrollieren. Ein Vergabeingenieur ist sicher kein Fachmann für jede Art von Gewerken, in jedem Fall aber eine erforderliche Kompetenz auf der Schnittstelle zwischen Nutzer, Verwaltung, Architekt und Rat.

Der Architekt befindet sich in einer sehr zentralen Funktion. Dafür ist eine absolut gute Qualität erforderlich. Diese, bezogen auf das Bauvorhaben, zu finden, ist die eigentliche Aufgabenstellung für Rat und Verwaltung – und das unabhängig von Fraktions- und Parteizugehörigkeit! Anmerkung: ein Ratsmitglied darf aufgrund seiner Funktion nicht benachteiligt, aber auch nicht bevorteilt werden. Bei der Auswahl dürfen nur Können, Erfahrung und erfolgreich durchgeführte Bauvorhaben herangezogen werden. Architektenwettbewerbe, mindestens die Vorstellung mehrerer Architekten und Bonus-/ Malussysteme sollten die Regel werden.

Für eine umfangreiche Baumaßnahme muss es einen eindeutigen Kostenverantwortlichen, der dem Rat gegenüber in der Verantwortung ist und eine kontinuierliche Berichterstattung gewährleistet, geben. Anmerkung: „Verschleierungen“ bei den Baukosten über das Heranziehen anderer Etatposten sollten der Vergangenheit angehören, denn mit der Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung gibt es bei richtiger Nutzung mehr Transparenz.

In der öffentlichen Verwaltung herrscht die Meinung vor, wenn die Vorgaben für die Verfahren der Ausschreibung eingehalten werden, kann nichts mehr passieren. Irrglaube! Schwierig ist die konkrete Abwicklung – von der Planung bis zur Ausführung. Da gibt es bspw. die Leistungsverzeichnisse. Dort ist alles haarklein aufgeführt – Kubikmeter Beton, Anzahl Ziegelsteine etc. Wer überprüft aber die aufgestellten Verzeichnisse auf Qualität, Angemessenheit, Funktionalität und Wirtschaftlichkeit? Gibt es eine Rückkopplung durch den Bauunternehmer? Hier ist blindes Vertrauen in den Architekten angesagt! Frage: Warum gibt es nicht grundsätzlich vor der Ausschreibung eine Qualitätssicherung der Planung durch eine Präsentation im Fachausschuss!?

Besonders knifflig sind die Nachträge. Grund für solche finanziellen Nachforderungen können natürlich zusätzliche Ideen der Bauherren sein – oder auch Fehlplanungen. Fragen dazu: sind die der Höhe nach gerechtfertigt? Gibt es gute Gründe dafür? Schließlich gibt es bei den Nachträgen keinen Wettbewerb mehr. Die Bauarbeiten laufen längst – gleichwohl muss sichergestellt sein, dass bei dem, was nachträglich noch gefordert wird, auch marktgerechte Preise verlangt werden. Nicht etwa so nach dem Motto: Man setzt überhöhte Preise an und heilt damit Fehlplanungen an anderer Stelle. Auch hier ist wie bei der Schlussrechnung das Vertrauen in den Architekten gefragt.

 

Wenn ein Projekt einmal realisiert ist, dann interessiert sich niemand mehr dafür, was es gekostet hat und ob es hält, was man bei der Planung versprochen hat. Eine Kosten-/Nutzenkontrolle unmittelbar nach Realisierung aber auch nach ein paar Jahren ist erforderlich, denn nur so können alle Beteiligten aus den Fehlern lernen.

Fazit: Eine bessere Planung und eine bessere Kontrolle sind notwendig! Missstände in der heutigen Praxis sind zu beseitigen! Anreizsysteme sind bewusst zu installieren! Eine Grundsatzdiskussion über die aufgeworfenen Fragen / Feststellungen ist zu führen. Die festzumachenden Optimierungspotentiale sind zu realisieren! Es muss in Hude dazu kommen: „Gut geplant, heißt kostenoptimiert gebaut“! Die Huder Bürger müssen das Gefühl bekommen, dass wir in Hude verantwortungsbewusst mit den Haushaltsmitteln umgehen.

Dem Ratsmitglied Horst Linnemann ist klar, dass die gemachten Ausführungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Detailgenauigkeit haben. Eindeutig ist aber, dass es erhebliche Verfahrensfehler und Mangementfehler gibt und es deshalb auch immer wieder zu gegenseitigen Vorwürfen und Schuldzuweisungen aller Beteiligten kommt. Das alles ist wenig zielführend und muss schnellstens abgestellt werden. Hier sieht die CDU-Fraktion eindeutig Bürgermeister Jahnz als Chef der Verwaltung in der Pflicht für Abhilfe zu sorgen. Die CDU-Fraktion signalisiert ganz klar: Wir stehen für die Diskussion von Verbesserungsvorschlägen jederzeit zur Verfügung. Herr Bürgermeister Jahnz: der Ball liegt auf dem Elfmeterpunkt – ergreifen Sie die Chance zum Wohle unserer Gemeinde und zum kooperativen Miteinander aller Beteiligten! 

aktualisiert von Rolf Junkermann, 09.12.2014, 13:37 Uhr